12 Monate Fusion Herrstein-Rhaunen

Wie bewerten die Fraktionssprecher des VG-Rates Herrstein-Rhaunen das erste Jahr nach der Fusion? Die NZ hat nachgefragt.

Stephan Dreher, Fraktionsvorsitzender CDU-Herrstein-Rhaunen

1. Wie bewerten Sie als Fraktionsvorsitzender der CDU die vergangenen zwölf Monate?

Es waren sehr anstrengende 12 Monate, weniger aus der Kommunalpolitischen Aufgabe heraus, darauf haben wir uns in der CDU-Fraktion ja gefreut, sondern auf Grund der Beschwernisse, verursacht durch Corona. Sitzungen mussten ausfallen bzw. weit nach hinten verschoben werden und das machte die politische Arbeit nicht leichter. So dauerte es, bis die Ausschüsse gewählt waren und damit konnten wichtige Entscheidungen für den VG -Rat erst später vorbereitet werden und der VG-Rat diese Entscheidungen erst später beschließen – alles in allem aber hat die große Mehrheit im Rat an einem Strang gezogen, sodass wir jetzt auf einem guten Weg sind.

2. Hat das anfängliche Hin und Her um die Besetzung der Beigeordneten dem Miteinander geschadet? Wie hat es sich auf die weitere Zusammenarbeit ausgewirkt?

Es kann nicht die Frage sein, ob eine parlamentarische Diskussion mit unterschiedlichen Ansichten dem Miteinander schadet, das ist hier auch nicht der Fall gewesen.
Sondern der Rat hatte in seiner ersten Sitzung nach großer Diskussion im Februar 2020 mehrheitlich entschieden, dass es einen hauptamtlichen Beigeordneten geben soll – und das aus gutem Grund. Die Fusion zweier Verbandsgemeinden zu einer mit dann 50(!) Dörfern benötigt natürlich eine gewisse Zeit, bis alles zusammenläuft. Gerade im Bereich der Verwaltung sind hier viele Aufgaben zu stemmen. Über genau diese Entscheidung hat man in der nächsten Sitzung nochmal abstimmen lassen, weil wohl einigen das Ergebnis der ersten Abstimmung nicht gefiel. Bei dieser nächsten Sitzung haben dann mehrere Ratsmitglieder und auch der Bürgermeister mit Hinweis auf die die Pandemie urplötzlich für die Lösung der ehrenamtlichen Beigeordneten befürwortet und die gesamte im Februar geführte Diskussion war plötzlich hinfällig.
Das hat nicht dem Miteinander, sondern dem demokratischen Verständnis geschadet.

3. Hat es die anfangs befürchteten Auseinandersetzungen, den prognostizierten Zwist zwischen den großen Parteien und den kleinen Gruppierungen tatsächlich gegeben?

„Es wird zusammenwachsen, was zusammenwachsen muss“, um das Zitat von Willi Brandt etwas abzuwandeln. Es waren weniger die politischen Zänkereien, die manche Sitzung schwierig machten, es war vielmehr das große Misstrauen, was den früheren Fraktionen aus der ehemaligen VG Herrstein entgegenschlug. Auf dieser Basis war es in den ersten Sitzzungen sehr zermürbend, für diese neue VG gemeinsam die richtigen Weichen zu stellen.

4. Was hat Ihnen gut gefallen? Was war in Ihren Augen weniger schön?

Mit dem 1.1.2020 hat endlich der Schwebezustand ein Ende gefunden und der neue Rat war grundsätzlich in der Lage war, maßgebliche Entscheidungen zu treffen. Es aber wie gesagt schon sehr nervenaufreibend, dass hinter jedem Thema die Vermutung im Raum stand, man würde die „Alt-VG Rhaunen“ benachteiligen. Dabei war es eher so, dass in vielen Dingen die angeglichen werden mussten z.B. die Ehrensatzung oder die Satzungen zu Wasser und Abwasser, oder die Installation von Ausschüssen wertvolle Ansätze die es in Rhaunen gab, als Vorlage zu nehmen. Diese Harmonisierung ist sehr gut gelungen.
Bedauernswert ist, dass nach wie vor noch von einigen Kolleginnen und Kollegen in Alt VG-Herrstein und Alt-VG-Rhaunen unterschieden wird. Auch traut man immer noch einzelnen Mandatsträgern nicht zu, die Menschen der gesamten VG zu vertreten, nur, weil sie aus der einen oder anderen Alt-VG kommen.

5 Was hat der VG-Rat gemeinsam auf den Weg gebracht?

Auch wenn es für den Bürger nicht besonders „aufregend“ ist, haben wir im vergangenen Jahr, wie im Punkt vorher bereits angeschnitten, viele Dinge angleichen müssen und auch angeglichen. Es müssen zwei Verwaltungen zusammenwachsen, die sich auch das Ziel gesetzt haben, effizient und trotzdem bürgernah zu sein, da ist es auch Aufgabe der Ausschüsse und des Rates, hierfür die Rahmenbedingungen zu schaffen.
Wir haben die Wasserwirtschaftspläne aufgestellt und damit die Gebührengrundlage für die Bürger geregelt.
Wir beschlossen, den Aussichtsturm Idarwald wiederaufzubauen, um somit ein touristisches Highlight unserer Region wiederzubeleben.

6. Welche Themen, welche Probleme müssen jetzt dringend angegangen werden?

Zunächst müssen wir an den vorgenannten Aufgaben weiterarbeiten.
Das Tourismuskonzept muss überarbeitet werden, bzw. es muss ein neues griffiges Konzept aufgestellt werden. Da besteht bereits ein sehr konstruktiver Austausch zwischen den Fraktionen. Es deutet darauf hin, dass der Bürgermeister bei diesem Thema von den Mandatsträgern etwas Anschub benötigt. Man darf nicht vergessen, an allem an dem Touristen Spaß haben, werden sich auch unsere Bürgerinnen und Bürger erfreuen.
Wir würden uns freuen, wenn das Projekt Bikepark Idarwald endlich realisiert werden könnte. Ein weiterer Baustein zur Steigerung der Attraktion unserer Region für Einheimische wie auch für Gäste.
Dass vor Jahren durch den Bürgermeister zur Chefsache erklärte Konzept zur Entwicklung unserer Ortsgemeinden sollte nun endlich eine Fortsetzung finden.
Um die Preise für Wasser und Abwasser unter Kontrolle halten zu können wäre ein Hinarbeiten auf ein gemeinsames Wasserwerk im Kreis Birkenfeld wünschenswert. Die Beibehaltung des Status Quo mit 4! Verwaltungen und, weil die Beträge zur Deckung der Fixkosten hinten und vorne nicht reichen immer weiter die Gebühren zu erhöhen, ist zwar bequem aber für unsere Fraktion nur schwer tolerierbar.
Wir haben nach wie vor Nachholbedarf im Bereich der Digitalisierung und des Mobilfunknetzes.
Gerade die Pandemie hat uns unsere Schwachstellen aufgezeigt. Es muss für Schüler*innen auch nach Corona möglich sein, sich „online“ auszutauschen oder mit der Schule in Kontakt zu stehen. Aber auch für die Wirtschaftsbetriebe der Region ist ein weiterer Ausbau des Netzes unabdingbar, nicht zuletzt, weil es auch den Arbeitnehmer*innen die Möglichkeit von Homeoffice bietet, was natürlich auch eine Steigerung der Attraktivität unserer Region für den Herzug von Familien ist.
Der öffentliche Nahverkehr soll ja nach den Kreistagsbeschlüssen im Jahr 2022 ganz neugestaltet werden. Wenn dann dort auch die Möglichkeit nach Rufbussen gegeben ist, muss natürlich der Mobilfunk flächendeckend funktionieren.
Und nicht zuletzt muss endlich die IGS fertig werden, damit unsere Schüler*innen unter akzeptablen Bedingungen ihr Abitur machen können.

7. Was wünschen Sie sich für das Jahr 2021?

Ich glaube, wir wünschen uns alle das gleiche: ein Stück Normalität und Sicherheit in dieser unheilvollen Zeit. Bei aller Liebe zur Technik, Politik lebt auch von der Debatte Auge in Auge und dies geht bei Videokonferenzen doch zu einem großen Teil verloren.